Zwei Wochen Tokio, das war wirklich spannend, aber auch der zweite Teil unseres Urlaubs ist etwas, auf das wir uns besonders freuen. Ursprünglich hatten wir vor, mit dem Schnellzug (und dem Japan Rail Pass) Osaka, Kyoto und Hiroshima zu besuchen und südlich von dort noch eine zweitägige Radtour zu unternehmen. diese Idee haben wir dann aber recht kurz vor Urlaubsantritt verworfen, weil wir in einem Blog davon gelesen haben, wie abwechslungsreich, günstig und flexibel der Urlaub in Japan mit einem Campervan sein kann.

Günstig vor allen Dingen deshalb, weil der Sprit hier ungefähr die Hälfte kostet wie in Deutschland, man beim Fahren wegen der Geschwindigkeitsbeschränkungen (auf Landstraßen oft nur 40 km/h) und den vielen kostenlosen Übernachtungsmöglichkeiten auf den Michi-no-eki. Das sind Raststätten, die die japanische Regierung hat ausbauen lassen, um den Japanern (und natürlich auch den Touristen), das individuelle Reisen kostengünstig im ganzen Land zu ermöglichen. Diese Raststätten sind nicht wirklich vergleichbar mit deutschen Raststätten, denn man darf ausdrücklich auf Ihnen – und das kostenlos – übernachten, die Toiletten sind sauber und ebenfalls kostenlos. Auf einigen sind sogar Duschen vorhanden- ebenso Läden, Informationen und manchmal sogar Museen. Man muss gar nicht im Voraus so groß planen, welche dieser Raststätten man anfährt, denn man kann kaum eine Stunde fahren, ohne dass man auf eine aufmerksam wird. Dementsprechend ungeplant ist die zweite Hälfte unseres Urlaubs. Was wir wissen: wir wollen unbedingt (alleine schon, um der Hitze zumindest jetzt mal fürs erste zur Abwechslung zu entfliehen) in die japanischen Alpen, wo es durchschnittlich 10° kälter ist als in Tokio, wir wollen natürlich weiterhin Osaka, Kyoto und Hiroshima besuchen, wie wir es ursprünglich geplant haben. Wir wollen nach Nara, und wir wollen ebenso weiterhin unsere Radtour machen über die mit Brücken verbundenen Inseln, die die Hauptinseln Honschu und Shikoku miteinander verbinden (den Shimanami Kaido).

Zuerst hatten wir versucht, den Camper über einen deutschen Anbieter zu buchen, was sich allerdings als schwierig erwiesen hat, denn dort konnte man uns keine verlässliche Auskunft geben, welche Kreditkarten oder sonstigen Zahlungsmittel vor Ort dann akzeptiert werden und wie hoch die Selbstbeteiligung im Schadensfall ist und verwies darauf, direkt beim japanischen Anbieter anzurufen. Gott sei Dank sind wir im Zuge der Recherche auf japancampers.com gestoßen, einer Firma, die von zwei polnischen Einwanderern gegründet wurde, und die es sich zum Ziel gesetzt haben, Campingliebhabern Japan näher zu bringen. Unweit von der Bahnstation Narita und vom Flughafen Narita, aber dennoch gefühlt mitten in der Pampa liegt ihre Station, wo inzwischen eine Flotte von über 60 Fahrzeugen zur Verfügung steht. Vom sehr kleinen Camper bis zum großen Mobil ist alles vorhanden. Wir entscheiden uns für einen Camper mittlerer Größe, der uns für 15 Tage 1100 € kostet. Wir werden vom kostenlosen Shuttle Service des Unternehmens vom Bahnhof in Narita abgeholt und man sagt uns auch gleich, dass wir nach der Abgabe selbstverständlich auch zum Flughafen zurückgefahren werden. Außerdem besteht die Möglichkeit, wenn man am nächsten Morgen früh fliegen muss, die letzte Nacht in einem Guesthouse auf dem Gelände zu verbringen (Vorabreservierung notwendig). Das Personal spricht durchweg ein ausgezeichnetes Englisch, ist freundlich und interessiert und gibt jede Menge Tipps. Außerdem gibt es eine eigene App, in der Sehenswürdigkeiten, die Raststätten und vieles mehr verzeichnet ist. Zur Navigation bekommt man einen mobilen Router und ein iPad gestellt, so dass man selbst ohne eigenes Handy oder japanischen Prepaid Tarif sicher und gut mit Google Maps navigieren kann. Was auch sehr positiv auffällt, ist, dass es im Büro mehrere Regale gibt, in der die Betreiber Dinge, die frühere Camper zurückgelassen haben (Camping-Zubehör,, Hygieneartikel, Besteck etc.) zurückgelassen haben. Hier kann man sich kostenlos bedienen, wenn man meint, noch etwas zu brauchen für die Tour. Die Wagen selber sind allerdings schon sehr komplett ausgestattet. Es gibt Besteck, es gibt Töpfe, eine Pfannee, einen Wasserkocher (und einen Teekessel falls die Zweitbatterie nicht hinreichend geladen sein sollte), Taschenlampen, einen tragbaren Ventilator und einen Inverter für Wechselstrom, so dass man zum Beispiel auch seinen Laptop unterwegs betreiben kann, ohne dass einem der Strom ausgeht. Selbstverständlich gibt es auch jede Menge USB Buchsen, so dass auch die Handys während der Fahrt und im Stand zuverlässig aufgeladen werden. Die Camper sind geräumig ausgebaut. Uner MidSize Camper (Nissan Nova) verfügt über eine Liegefläche von 1,90m x 2m, die man mit wenigen Handgriffen zu einer Sitzgruppe umbauen kann. Der Bereich vor dem Kühlschrank und der Ablagefläche der Küche bleibt dabei durchgängig frei. Die Fenster lassen sich mit in Schienn geführten Gardinen einfach verhängen, so dass man wirklich überall gut und komfortabel Stehen und schlafen kann.

Nach der Erledigung des Papierkrams (neben den Kosten für den Camper muss auch noch ein Deposit hinterlegt werden in Höhe von 150.000 ¥, das einem nach unbeschädigte Rückgabe zurückgegeben wird, und das auch in anderen Währungen hinterlegt werden kann, falls man am Ende der Reise eben nicht noch mit 150.000 ¥ dastehen möchte), geht es an die Inspektion. Der Mitarbeiter lässt einem alle Zeit, selber zu dokumentieren, ob man an dem Wagen irgendwelche Schäden sieht und macht freundlich darauf aufmerksam, wenn man auf einen kleinen Kratzer zeigt, dass das natürlich nicht zu den Schäden gehört, die man bei der Rückgabe monieren würde. Er bringt es mit dem Satz „Pass einfach auf, dass du keinen Unfall baust“, darauf aufmerksam, dass hier wirklich Liebhaber und keine Pfennigfuchser am Werk sind. Nach etwas Fachsimpeln und guten Tipps (so zum Beispiel der, bei der Hitze unbedingt in die japanischen Alpen zu fahren, wo es von der Temperatur her gerade viel angenehmer sei) , geht es dann los. Doch halt, bevor wir dann wirklich abfahren, kommt noch der gute Tipp, dass wir durchaus den Stauraum verwenden können, um nur das von unserem Gepäck einzupacken, was wir jetzt wirklich für die Tour brauchen und die Koffer kostenlos bei denen in der Zeit zu lagern. Also doch noch schnell um einiges (unter anderem um die Einkäufe in Tokio) erleichtert geht es dann wirklich los. Der Linksverkehr, vor dem ich am meisten Respekt hatte (auch wenn ich den aus Irland kenne) macht mir tatsächlich gar keine Schwierigkeiten. Was mir allerdings immer wieder passiert und was mir höchstwahrscheinlich auch noch am Ende der Reise passieren wird, ist, dass ich immer dann, wenn ich blinken will, aus Versehen den Scheibenwischer betätige. Mir fällt auch durchaus auf, dass mehrere Ausländer in Japan unterwegs sein müssen, denn ich gewöhne mir an, wenn mir ein Fahrzeug entgegenkommt, dass bei trockenem Wetter seine Scheibenwischer anmacht, mich darauf vorzubereiten, dass er eben abbiegen möchte (auch wenn mir die Scheibenwischer die Richtung nicht anzeigen- klarer Konstruktionsfehler :-)).

Wir wollen auf jeden Fall erst mal ein Stückchen weiter Richtung Süden fahren und uns ist klar, dass wir am ersten Tag auch nicht soweit kommen, denn inzwischen ist es schon 16:00 Uhr. Wir durchqueren Tokio (zur Rush Hour ein Erlebnis für sich) und fahren weiter Richtung Yokohama. Von dort aus wollen wir eigentlich zur Halbinsel Eoshima, wo wir um 21:00 Uhr ankommen, als die Zufahrt gerade mit Gattern verschlossen wird, so dass klar ist, dass wir diesen Rastplatz heute Nacht nicht benutzen können.
Also entscheiden wir uns weiterzufahren. Wir wählen, zunächst ohne zu wissen, was für ein toller Platz das ist (dass und warum das so ist, werden wir erst morgen merken) relativ wahllos (okay, wir orientieren uns grob Richtung Fuji) und fahren noch mal 150 km weiter Richtung Südwesten. Nachdem wir uns beim 7/11 noch für das Frühstück am nächsten Tag eingedeckt haben und unser Abendessen verspeist haben, gehen wir glücklich ins Bett. Unser Roadtrip hat begonnen!

Von Helge

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