Hiroshima ist wohl trauriges Pflichtprogramm für jeden Japan Besuch. Auch uns war klar, dass wir unbedingt dorthin wollten, wo das größte Verbrechen, zu dem Menschen fähig sind, das erste Mal stattgefunden hat. Heute befindet sich dort, wo die erste Atombombe am 6. August 1945 abgeworfen wurde, ein großer Park, der Friedenspark. Auf dem Gelände befinden sich umfangreiche Bibliotheken, in denen man Nachforschungen anstellen kann zu den Opfern. Und das Friedensmuseum selbst, dass wir natürlich auch auch besuchen.

Die Bilder, die Kleidung und die Berichte, die dort zu sehen sind, sind tatsächlich nur schwer zu ertragen. Unvorstellbar, wozu Menschen fähig sind. Es bleibt zu hoffen, dass derartige Verbrechen nicht mehr vorkommen, weil die dafür Verantwortlichen, erst nach dem Abwurf gesehen haben, was für unendliches Leid sie damit wirklich angerichtet haben. Ich habe ganz bewusst im Museum keine Bilder gemacht, wie auch niemand anders. Obwohl es ziemlich voll ist, kann man in dem Museum tatsächlich die sprichwörtliche Stecknadel fallen hören. Alle Besucher sind leise und schauen sich wirklich jedes einzelne Ausstellungsstück genau an. Besonders berührt mich eine französische Familie, die nur ein paar Schritte vor uns die Ausstellungsstücke entlang geht. Der Sohn (vielleicht 7 oder 8 Jahre alt) fängt nach ein paar Minuten an zu weinen. Die Mutter nimmt ihn auf den Arm und trägt ihn weiter durch die Ausstellung und erklärt ihm, während er weiterhin Tränen in den Augen hat, was das alles bedeutet.

Nach etwa 2 Stunden sind wir aus dem Museum raus. Der Friedenspark selbs zeigt wieder ein Stück Hoffnung. Das ewige Feuer, dass entzündet ist, der Atomdom, der zum UNESCO Weltkulturerbe gehört und selbst das Hypozentrum (etwas abseits in einer kleinen Seitenstraße) vertreiben die trüben Gedanken. Nicht vollständig (und es ist gut, dass etwas nachwirkt), aber es wird klar, dass auch nach solchen Abgründen wieder neues Leben entstehen kann und die Zeit Wunden heilen kann, ohne dass man vergessen muss. Irgendwie bin ich sehr angefasst und so „muss“ ich unbedingt noch ein Paar fotografieren, dass auf einer Bank auf der anderen Seite des Atomdoms sitzt und die mich in ihrer Sinnbildlichkeit ebenso berühren wie der französische Junge. Wie der Mann den Arm um die Schulter seiner Partnerin legt und sie beide auf die Ruine schauen und sich im Hintergrund die Fassade eines neuen Hochhauses gegen den Himmel abzeichnet, das ist ein Bild, dass diesen Tag sehr für mich versinnbildlicht und Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft für mich versöhnt.

Nach diesem Besuch fahren wir noch nach Imabari, dem Ausgangspunkt unserer für morgen und übermorgen geplanten zweitägigen Fahrradtour und finden einen wunderschönen Stellplatz mit Ausblick auf die Brücke. Ich hänge noch lange meinen Gedanken nach und kann nicht einschlafen. Die Belohnung dafür ist allerdings, dass ich den Sonnenaufgang über der Brücke, über die wir morgen als erstes fahren, sehen kann. Und so beginnt auch für mich der neue Tag versöhnlich.

Von Helge

Schreibe einen Kommentar