Im gestrigen Eintrag habe ich am Ende ja geschrieben, warum sich unser Stellplatz als ideal herausstellen sollte.
Wie der Zufall es wollte (der Rastplatz aiuf der Insel Eoshima hatte ja geschlossen), sind wir auf dem Rastplatz auf dem Hakone-Platz gelandet, der ziemlich direkt am Ashi-See liegt. Da das Laufen in Tokio bereits so gut geklappt hat, das Wetter super ist (nicht zu warm, aber kein Regen), entscheiden wir uns, es mit einer Ganztages-Wandertour zu versuchen. Meine Komoot App ziegt mir, dass eine Umrundung des Sees inkl. dem Weg vom Parkplatz zur Route und zurück knapp 23km sind. Die Tatsache, dass es etwa auf der Hälfte einen Busbahnhof und auch eine Fährverbindung gibt, um notfalls abzukürzen, gibt dann den Ausschlag: Wir probieren es und brechen nach einem guten Frühstück um kurz nach 9 auf.
Der Abstieg vom Pass durch den Wald zum See ist etwas abenteuerlich, da Komoot partout Wege vorgeben will, die es offensichtlich nicht gibt. Da wir aber die Richtung im Kopf haben, finden wir aber bald den Einstiegspunkt zur Seenumrandung. Wir beginnen im Westen und laufen im Urzeigersinn um den Weg herum. Das war im Nachhinein auch die ganue richtige Entscheidung, denn hier am Westufer ist der Weg schmal (mit einem relativ hohen Steilufer zum See hin, außerdem machen Wurzeln und Steine das Laufen doch einigermaßen beschwerlich (mehr für mich als für Holly, die unbekümmert über Stock und Stein hüpft). Anfangs ist es so neblig, dass man nicht nur das eigentlich nahe andere Ufer, sondern teilweise nicht mal das Wasser am Fuße der Steilküste erkennen kann.

Über verschiedene Hängebrücken, Steigungen bergauf und bergab folgen wir dem verschlungenen und recht dicht bewachsenen Weg. AN einigen Stellen kann man bis ans Ufer gehen (aber immer noch nicht weit schauen). Nach etwa 5km begegnet uns ein älterer Japaner, der gerade seinen Klappstuhl und -tisch aus seinem Auto, das er in einer der wenigen Zufahrtssraßen geparkt hat, ans Ufer trägt. Wir unterhalten uns kurz (auf Englisch), er kommt hier fast jeden Tag an den See, um einfach die Ruhe zu genießen und seinen Gedanke nachzuhängen. Er gibt uns noch mit auf den Weg, dass diese Seite die „schönere“ Seite ist und dass der Weg auf der anderen Seite doch eher Promenade ist.

Nach ziemlich genau 3,5 Stunden reine Gehstrecke kommen wir an der Seilbahnstation in Togendai an, wo auch die Fähren (die als Piratenschiffe verkehren). Nach einem (leicht gequältem, aber überzeugten) Blick auf meine Beine entscheiden wir uns aber, die Umrundung komplett zu machen und widerstehen der Versuchung.

Die letzten 3km werden vom Blick auf das Tor vom Hakone-Schrein und einen fast wolkenfreien Blick auf den Fuji bei Sonnenuntergang belohnt. Dennoch sind gerade die letzten Kilometer die härtesten, weil hier auch nochnal ein kräftiger Anstieg bevorsteht, um zurück auf den Pass zu kommen, wo wir den Camper abgestellt haben (warum eigentlich nicht direkt unten am See, denke ich, während ich mich Meter um Meter hinaufschiebe). Kurz vor dem Parkplatz sehen wir noch Waschbären, die wir allerdings nicht fotografiert bekommen, bevor sie wieder verschwunden sind- Holly ist dennoch begeistert (und ich natürlich auch).

Am Auto angekommen passiewrt mir etwas, womit ich nicht gerechnet habe. Mir shießen auf einmal Tränen in die Augen, weil mir erst jetzt am Ende der Wanderung bewusst wird, dass ich heute etwas geschafft habe, von dem ich angenommen habe, dass ich es nie wieder werde machen können. Vor ziemlich genau zwei Jahren bin ich das letzte Mal so eine Strecke gewandert (auch mit Holly, damals auf dem Schluchtensteig) und vor ziemlich genau einem Jahr habe ich die Diagnise MS bekommen und konnte zu der Zeit keine zwei Kilometer llaufen. Ich habe da irgendwie immer so hingenommen und dachte, dass ich auch meinen Frieden damit gemacht habe- aber wieviel es mir bedeutet, mir hier im Urlaub das ein Stück weit zirückerobet zu haben, was mir früher selbstverständlich war, wird mir erst jetzt klar. holly will mich trösten, weil sie sieht, dass ich weine, aber ich kann ihr schnell klarrmachen, dass es einfach Freudentränen sind. Und in genau diesem Moment ist mir völlig egal, was diese Krankheit in den nächsten Jahren noch so mit sich bringen mag, denn dieser Tag hat mir gezeigt, dass es auch immer wieder Verbesserungen geben kann, egal wo man gerade steht. Was für ein starkes emotionales Erlebnis…

Von Helge

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