Heute haben wir eine richtigen „Faulenztag“ eingelegt und haben „unser“ Viertel – Koto – zu Fuß erkundet. Reina, die wir bisher nur online von unseren ausgiebigen Blog- und Forenbesuchen kennen, wohnt hier und so lag es nahe, dass wir sie fragen, wo wir hier denn so „richtig“ traditionell japanisch essen gehen sollten. Und der Zufall bzw. das Glück ist uns hold: 180m entfernt, mehr oder weniger direkt gegenüber von unserem Guesthouse befindet sich das Izakaya Furuya (Facebook: https://www.facebook.com/ogibashi.furuya), das Reina uns wärmstens empfiehlt. Es sei zwar etwas teurer und man könne auch nur Cash bezahlen, aber es ist familiengeführt und genau ds Richtige, wenn man etwas authentisch japanisches sucht, was eher weniger auf Touristen ausgerichtet ist- was sich schon darin äußere, dass niemand aus der Familie Englisch spräche- weder Vater und Mutter noch die Tochter.
Mit gebührendem Hunger und der erforderlichen Neugier ausgestattet, machen Holly und ich uns also um 19 Uhr auf ins Furuya. Wir werden freundlich empfangen und mit Händen und Füßen darauf hingeweisen, dass man die Schuhe auszieht, bevor man an der langen Theke in dem insgesamt kleinen Raum Platz nimmt. Neben uns ist noch eine Gruppe von 4 (japanischen) Gästen da. In der gekühlten Auslage vor bzw. über der Theke sind viele verschiedene Fische und Meeresfrüchte zu sehen. Die Besitzer fragen mit Hilfe der Übersetzung aus dem Smartphone, was wir trinken wollen und wir antworten genauso zurück- natürlich (ein bisschen Stolz darf sein) nicht ohne zumindest die Brocken Japanisch, die wir im Vorfeld gelernt haben, mehr oder sinnvoll anzuwenden. Und da Holly weiß, was Wasser (水) und ich, was Bier (ビール) heißt, ist die Getränkewahl schnell geklärt. Ich fühle mich da gerade zugegebenermaßen dabei sehr deutsch, aber was kann ich dafür, dass es neben dem Wasser tatsächlich das zweite Getränk ist, was man Duolingo lernt :-). Und zu meiner Ehrenrettung kann ich sagen, dass ich intuitiv nihts falsch gemacht habe- eins der tyoischen Getränke in einem japamischen Itakaya ist – tada – tatsächlich Bier.
Das ist der. richtige Moment, ein Wort zu den japanischen Itakaya zu sagen, zu denen auch das von uns besuchte Furuya gehört. Übersetzt heißt Izakaya „Platz für Sake“ (Ort, um Sake zu trinken). Sie werden oft mit Pubs verglichen, da der „eigentliche“ Zweck das Trinken ist. Damit wird man aber dem nicht gerecht, was sich hier herauskristallisiert hat- ein japanisches Izakaya ist (meistens) ein ebenso guter Platz zum Essen. Es finden sich meistens neben vielfältigen Snacks ganze Menus und ausgefeilte japanische Spezialitäten. Einige Izakayas haben eine festgefügte speisenfolge, bei anderen kann man frei wählen. Den meisten ist gemein, dass man eine „Platzgebühr“ bezahlt (oft zwischen umgerechnet 1-5 Euro je Person). Dafür bekommt man allerdings auch immer ein kleines Gericht, das sogenannte otoshi (vielleicht vergleichbar mit unserem „Gruß aus der Küche“).
Damit startete auch unsere kulinarische Vergnügungsreise. Sojakäse mit etwas Kräutern und Sprossen dazu etwas Sojasauce. Da fängt ja gut an.
Die Frage, ob wir Sashimi probieren wollen, bejahen wir, denn ich hatte in einigen Bewertungen bei Google schon gesehen, wie schmackhaft es hier aussieht und wie gut es schmeckt.
Holly ist zunächst angesichts der schieren Menge von rohem Fisch und Seetang etwas skeptisch, aber lässt sich dank des ausgezeichneten Geschmacks und der spitzenmäßigen Qualität des Fischs und der Meeresfrüchte dann doch schnell eines besseren belehren.
Als nächstes können wir aus einer kleinen Karte auswählen, welche frittierten Speisen wir haben wollen und entscheiden uns für Schweinefleisch, Garnele und Gemüse. Der dazu gereichte hausgemachte Dip ist einfach nur fantastisch.
Inzwischen haben die anderen Gäste das Furuya verlassen und die Gastgeber sind tatsächlich durchaus neugierig, was uns nach Japan getrieben hat, wie lange wir bleiben und was wir sonst noch vorhaben zu sehen. Mit Händen und Füßen und immer wieder dem Smartphone, unterbrochen von herzlichem Lachen und allerlei Pantomime kommen wir recht „flüssig“ ins Gespräch.
Beim nächsten Gang (ich wähle ein Omelette und Holly ein Onigiri) zeigt der Vater mit einer kleinen grünen Schote zwischen den Zähnen und angedeuteten Kaubewegungen gefolgt von einem erhobenen Zeigefinger an, was die Mutter auf dem Smartphonne übersetzen lässt mit „Don’t chew the green peppers, they may be too hot“.
Während wir uns den Nachtisch schmecken lassen (in Blöcke geschnittenes Agar mit einer sehr süßen Sauce und Kiwi) fängt die Tochter an, uns aus einem japanischem Magazin zu einem Volksfest hier vorzulesen, die Mutter schenkt uns je zwei traditionelle japanische Waschtücher, die man als Kopftuch oder als. Stirnband verwenden kann (falls uns auf der von uns am Ende der Reise geplanten Radtour die Sonne zu sehr auf den Kopf brennt) und der Vater macht. uns noch eine Variation, wo das Agar in einer Essig-Sauce mit etwas Wasabi und Senf angerichtet wird (und dadurch einen völlig anderen Charakter erhält).
Nach mehr als 3 (!) Stunden verlassen wir das Furuya (nicht ohne zu versprechen, dass wir auf jeden Fall noch einmal vorbeikommen), gesättigt und unsagbar glücklich.
Dass das Essen für zwei Personen inkl. Getränken umgerechnet nur knapp 60 Euro (10.000 Yen) gekostet hat, erwähne ich nur der Vollständigkeit halber. Dies ist vor allem dem für uns unglaublich günstigen Wechselkurs zu verdanken. Aber es ist schon irgendwie schade (so fühlt es sich für mich auf jeden Fall an), dass Trinkgeld geben in Japan tatsächlich ein No-Go ist. Auch wenn es in den Fingern juckt- ich möchte nur ungerne riskieren, dass die Tochter uns hinterherläuft, um uns das „vergessene“ Geld auszuhändigen.












So spannend alles, lieber Helge. Das Essen sieht fantastisch aus, und ich bin schon gespannt auf deine weiteren Berichte 🙂
Danke, Celine.
Ich bemühe mich, jeden Tag hier Im Blog festzuhalten. Im Moment hinke ich immer noch einen Tag hinterher- ist einfach wahnsinnig viel, was an neuen Eindrücken hier auf uns hereinbricht. Aber auf jeden Fall ist es wahnsinnig schön, mit soviel Zeit hier unterwegs sein zu dürfen (insgesamt sind wir einen ganzen Monat in Japan, davon 2 Wochen in Tokio und dann zwei Wochen mit dem Camper unterwegs, wenn alles so klappt, wie wir uns das vorgestellt haben.